Die globale Corona-Pandemie ist die wohl größte Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Bundesregierung hat daher ein beispielloses Maßnahmenpaket geschaffen, um die Ausbreitung von Corona einzudämmen und die wirtschaftlichen Folgen aufzufangen. Es wird dabei helfen, dass Deutschland diese Krise übersteht. Die letzten Wochen zeigen, dass diese Bundesregierung insgesamt gerade in schwierigen Zeiten gut arbeitet, nicht zuletzt auch wegen der geradlinigen und konzentrierten Arbeit von Vizekanzler Olaf Scholz und den sozialdemokratischen Ministerinnen und Ministern Franziska Giffey, Hubertus Heil, Christine Lambrecht, Heiko Maas und Svenja Schulze. Die vielen auf den Weg gebrachten Maßnahmen erreichen große Teile der Bevölkerung schnell und unbürokratisch. Als Sozialstaat fängt er in Not geratene Menschen in der Krise auf, seine Schutzschirme helfen den kleinen wie den großen Unternehmen. Weitere Maßnahmen insbesondere zum Schutz von Beschäftigten mit geringeren Einkommen und Erwerbslosen scheitern allerdings bislang an CDU und CSU.

Schon jetzt sehen wir aber auch, wie die Corona-Pandemie die bestehenden Ungleichheiten in Europa verschärft und zu einer existenziellen Herausforderung für die Europäische Union und den Euro-Raum wird. Eine Verschärfung der Krise, Massenarbeitslosigkeit und eine mögliche Renationalisierung gilt es zu verhindern. Wir wollen ein Europa, welches solidarisch zusammensteht. Dafür braucht es koordinierte nationale und europäische Hilfs- und Wachstumsprogramme. Die nun zu ergreifenden Maßnahmen werden die gesellschaftliche Entwicklung der nächsten Jahre mitbestimmen. Wir alle stehen vor einer Richtungsentscheidung:

Entweder überlassen wir die Gesundheitsvorsorge weiterhin dem Markt, sparen Deutschlands und Europas Zukunft kaputt und wälzen die Kosten der Krise ab auf die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger. Dabei wird sich an den schlechten Arbeitsbedingungen von vielen, die gerade jetzt in der Krise den Laden am Laufen halten, von allein wenig ändern. Der Markt kümmert sich nicht um gute Löhne im Gesundheitsbereich oder im Einzelhandel. Und er sorgt auch nicht für Krisenzeiten vor.

Oder aber wir schlagen einen anderen Weg ein und setzen uns für einen starken und handlungsfähigen Staat als Motor gesellschaftlicher Entwicklung ein. Für eine Gesundheits- und Daseinsvorsorge in öffentlicher Hand, die allen gleichermaßen zugänglich ist. Für eine koordinierte nationale und europäische Wirtschaftspolitik zur Überwindung der Krise und einen auf Nachhaltigkeit, Innovation und gute Beschäftigung ausgerichteten sozial-ökologischen Deal für Europa.

Wir als sozialdemokratische Abgeordnete sind der festen Überzeugung, dass es uns nur gelingt die Spaltung in Arm und Reich einzudämmen und Europa zusammenzuhalten, wenn wir dem Markt und der reinen Gewinnlogik klare Regeln und Grenzen setzen. Daher braucht es nun einen Mix aus kurzfristigen Ergänzungen der aktuellen Maßnahmen, einer koordinierten nationalen und europäischen Krisenpolitik und eines langfristigen Projekts für eine sozial gerechte und ökologisch nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und Europa. In diesem Sinne bringen wir die folgenden Ideen und Forderungen als Parlamentarische Linke in die weitere politische Diskussion ein.


I. Was in Deutschland noch zu tun ist: Jetzt und auf lange Sicht

1.
Das Kurzarbeitergeld und der erleichterte Zugang zu Sozialleistungen helfen vielen Menschen durch die Krise. Insbesondere für Beschäftigte im Niedriglohnsektor, die zudem nicht von aufstockenden Tarifverträgen profitieren, reicht ein Kurzarbeitergeld in Höhe von 60 bzw. 67 Prozent aber nicht aus. Wir fordern daher eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes für niedrigere Einkommen auf 80 bzw. 87 Prozent und mehr politischen Druck auf diejenigen Branchen, die bisher keine ergänzenden Tarifverträge zur Aufstockung des Kurzarbeitergeldes abgeschlossen haben. Wo Tarifverträge nicht reichen, müssen wir als Politik die Unternehmen in die Pflicht nehmen. Wir befreien die Unternehmen von den Sozialabgaben, verpflichten sie aber, die Hälfte der Entlastung an ihre Beschäftigten weiterzugeben.

Die Lage vieler Beschäftigter in der Krise ist aber vor allem deswegen so schwierig, weil ihre Einkommen in Normalzeiten zu gering sind. Niedriglöhne sind nicht krisenfest. Ein Mindestlohn von 12 Euro und allgemeinverbindliche Tarifverträge sind ein erster Schritt, diesen Problemen zu begegnen. Dafür erleichtern wir die Allgemeinverbindlicherklärung durch die Abschaffung des Vetorechts der Arbeitgeber und schaffen zudem Anreize für die Mitgliedschaft in Gewerkschaften durch eine stärkere steuerrechtliche Privilegierung der Gewerkschaftsbeiträge.

2.
In der Krise zeigt sich, dass vor allem diejenigen unsere Gesellschaft am Laufen halten, die bislang mit niedrigen Löhnen und wenig Anerkennung zu kämpfen hatten. Die Beschäftigten in der Pflege und dem Gesundheitssektor, im Einzelhandel und in der Logistik, die Rettungskräfte und viele mehr gehen derzeit an ihre individuellen Grenzen, um uns auch in diesen Zeiten bestmöglich zu versorgen. Ihnen gebührt nicht nur unser Dank. Wir unterstützen nachdrücklich die Initiative von Bundesfinanzminister Olaf Scholz, Bonuszahlungen an die Beschäftigten steuer- und abgabenfrei zu stellen. Darüber hinaus braucht es jetzt zusätzlich zu steuerlichen Vergünstigungen und tariflichen Zusatzvereinbarungen bundesweit einheitliche Bonuszahlungen für diese Beschäftigten. Klar ist: Die Bonuszahlungen dürfen dringend gebotene tarifliche Zusatzvereinbarungen nicht ersetzen und müssen steuerfinanziert sein.

Wir belassen es aber nicht bei Zuschlägen in der Krise, wir werden sie auch anschließend nicht vergessen. Sie verdienen, wie alle anderen auch, gute Arbeitsbedingungen und gute Tariflöhne. Und wir fordern einen breiten Tarif „Soziale Arbeit/Dienste“ und eine bessere Unterstützung von gemeinnützigen Sozialverbänden wie Arbeiterwohlfahrt, Diakonie und andere.

3.
Menschen in der Grundsicherung, mit geringen Einkommen und kleiner Rente sind von der Corona-Krise ganz besonders betroffen. Preissteigerungen, Hamsterkäufe und andere Folgen setzen ihnen stark zu. Die von Hubertus Heil und Franziska Giffey schnell umgesetzte Anpassung der Grundsicherung und des Kinderzuschlags an die Erfordernisse der Krise helfen vielen Menschen. Ergänzend fordern wir mindestens für die Dauer der Krise eine Anhebung der Grundsicherungsleistungen in Form einer Pauschale von 100 Euro. Besonders Hilfsbedürftige sind Kinder in der Grundsicherung, stehen doch z.B. kostenfreies Mittagessen für Kinder in Kita und Schule oder Tafeln oftmals nicht mehr zur Verfügung. Familien mit Kindern sollte durch eine Erhöhung des Bildungs- und Teilhabepakets oder eine Erhöhung des Kindergeldes, das nicht auf die ALGII oder Grundsicherung angerechnet wird, unbürokratisch geholfen werden. Mit der bereits beschlossenen Grundrente hat die SPD gegenüber dem Koalitionspartner ein gutes Instrument für hilfebedürftige Rentnerinnen und Rentner durchgesetzt, das jetzt auch zwingend zum 1. Januar 2021 wirksam werden muss. Versuche aus der Fraktion der CDU/CSU, die getroffenen Vereinbarungen zu brechen, sind respektlos gegenüber den Menschen, die auch früher schon den Laden am Laufen gehalten haben. Das werden wir nicht hinnehmen.

4.
Zur Sicherung der sozialen Lage von Auszubildenden und Studierenden in der Corona-Krise benötigen wir weitergehende Maßnahmen. Wer akut in Not gerät, weil die Eltern in Kurzarbeit müssen oder weil der eigene Nebenjob verloren geht, muss schnell und vereinfacht Zugang zum BAföG oder einem Härtefallfonds bekommen. Ein Härtefallfonds kann gerade für internationale Studierende ein hilfreicher Ausweg sein, die sonst durchs Raster fallen würden. Zudem sollte der Finanzierungsnachweis für internationale Studierende vorübergehend ausgesetzt werden. Wenn die Studienhöchstdauer aufgrund der pandemiebedingten Umstände überschritten wird, muss eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis unbürokratisch möglich sein. Das Sommersemester 2020 darf nicht auf die Förderhöchstdauer im BAföG angerechnet werden. Einkünfte aus systemrelevanten Nebenjobs sollen auch für die studentische Krankenversicherung anrechnungsfrei sein. Sowohl Studierende als auch Auszubildende sollen vereinfachten Zugang zum Wohngeld erhalten, wenn sie kein BAföG bekommen können.

Die Allianz für Aus- und Weiterbildung muss jetzt aktiviert werden, damit zwischen den Sozialpartnern konkrete Antworten für die Organisation der beruflichen Bildung gefunden werden können. Vorrang muss dabei die Sicherstellung des Ausbildungsjahres 2020 und 2021 haben. Ein überbetrieblicher Fonds zur Sicherstellung von Auszubildendenplätzen sollte als eine Möglichkeit mit Augenmaß und Verantwortung beraten werden.  Darüber hinaus muss gewährleistet werden, dass Auszubildende ihre Ausbildung in einem machbaren Zeitraum erfolgreich abschließen können.

5.
Wir brauchen sofort einen Rettungsschirm für Kommunen. Durch die massiven Einbrüche bei allen Steuerarten, allen voran der Gewerbesteuer, verschärft sich die finanzielle Lage vieler Kommunen gerade massiv. Gleichzeitig gibt es keine Handlungsspielräume, die Einnahmeverluste öffentlicher Einrichtungen auszugleichen, so dass viele kommunale Unternehmen existentiell bedroht sind und sogar relativ finanzstarke Kommunen in Schwierigkeiten geraten. Die Städte, Gemeinden und Kreise stellen unsere technische, soziale und kulturelle Infrastruktur bereit; sie tragen Kultur-, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen, sichern den öffentliche Gesundheitsdienst und den öffentlichen Personennahverkehr. Damit all das auch in Zukunft möglich bleibt, ist über den weiterhin notwendigen Altschuldenfonds ein kommunaler Rettungsschirm unverzichtbar, denn die Krise trifft alle Kommunen.

Das Corona-Virus macht vor niemandem halt und dennoch sind die Herausforderungen unterschiedlich. Angefangen von der medizinischen Versorgung der gesamten Bevölkerung über die Herausforderungen in bestimmten Problemlagen wie etwa der Obdachlosigkeit, Gewalt gegen Frauen und familienunterstützenden Hilfen bis zur Schaffung guter Rahmenbedingungen für das Homeschooling, müssen die Kommunen handlungsfähig sein. Programme von Bund und Ländern sind zwingende Voraussetzung, allerdings: Vor Ort weiß man am besten, wo es brennt und wo geholfen werden muss. Um diese Handlungsfreiheit zu schaffen, gehört zu einem Rettungsschirm für Kommunen umgehend auch ein von Bund und Ländern getragener kommunaler Sozialfonds.

Überdies ist es nötig, das öffentliche System der Kommunalfinanzierung zu verbessern. Nicht nur in Krisenzeiten sind die Kommunen mit der Finanzierung vieler notwendiger Sozialaufgaben überfordert, zumal die Länder in vielen Fällen keine kommunale Finanzausstattung gewährleisten, die der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch die Kommunen (Kommunalisierungsgrad) entspricht. Die Kommunen sind zentral für unser Gemeinweisen. Vor Ort leben und arbeiten wir, gehen einkaufen oder müssen zum Arzt, besuchen die Schule oder freuen uns auf einen Theaterbesuch und den abendlichen Sport in unserem Verein. Unser Ziel ist es, die öffentlichen Angebote vor Ort zu erhalten und perspektivisch auszubauen. Unsere Kommunen sind systemrelevant.

6.
Auch wenn die Sicherheitsmaßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus gelockert werden, gibt es Menschen mit beispielsweise Vorerkrankungen, die weiterhin unseren besonderen Schutz benötigen. Wir werden diejenigen, die für sich das Risiko als zu hoch einschätzen wieder am öffentlichen Leben teilzunehmen, bis zum Vorhandensein von Impfstoffen nach Kräften schützen und gegebenenfalls auch finanziell unterstützen. Die Mittel aus dem kommunalen Sozialfonds sollen auch für konkrete Unterstützung, Besuche, soziale und gesundheitliche Betreuung und Versorgung von gefährdeten Menschen zur Verfügung stehen.

7.
Im Vergleich zu anderen Ländern ist das deutsche Gesundheits- und Pflegesystem relativ krisenfest. Doch gerade in der Corona-Krise erleben wir, wie es an seine Grenzen stößt. Eine jahrzehntelange Politik der Durchökonomisierung und Privatisierung hat dazu geführt, dass das Gesundheits- und Pflegesystem unterversorgt ist. Angesichts dessen leisten die Beschäftigten Großartiges. Applaus alleine wird indes nicht reichen, um die strukturellen Probleme zu lösen. In den vergangenen Jahrzehnten wurden bei den Gesundheitsämtern der Länder und Kommunen massiv an Personal gespart, ein Drittel der Krankenhäuser wurde privatisiert und der Klinikbereich wird in hohem Maße aus Beitragsgeldern z.B. zur Bereitstellung von Intensivbetten unterstützt. Gesundheit darf aber keine Ware sein. Deswegen setzen wir uns auch in Zukunft ein für ein krisenfestes und gemeinwohlorientiertes Gesundheitssystem in öffentlicher Hand, die Ausweitung öffentlicher Beschäftigung im Pflege- und Gesundheitsbereich und die Einführung einer solidarischen Bürgerversicherung statt des bisherigen Zwei-Klassen-Systems in Kranken- und Pflegeversicherung. Außerdem darf es im Pflegebereich, der zu einer lukrativen Investition für Kapitalanleger geworden ist, keine Renditeversprechen geben. Das Personal im Pflegebereich muss endlich als Berufsgruppe eingestuft werden, die in einem systemrelevanten Bereich arbeitet. Diese Berufsgruppen, die nicht nur in der Krise an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gehen, brauchen eine generelle Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich.

8.
Die Corona-Krise ist die größte Probe für unser Gemeinwesen seit dem Zweiten Weltkrieg. Es wird große Anstrengungen brauchen, diese Herausforderungen zu stemmen. Für uns gilt: Die Kosten der Krise dürfen nicht auf die große Zahl von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit geringen und mittleren Einkommen abgewälzt werden. Wo der Staat die Unternehmen mit staatlichen Hilfen unterstützt, braucht es gedeckelte Vorstandsbezüge und das Verbot von Dividendenausschüttungen. Schließlich stehen in einer sozialen Marktwirtschaft die Vorstände und die Anteilseigner an erster Stelle in der Mitverantwortung für den Erhalt des Unternehmens. Und das schließt die persönliche finanzielle Verantwortung mit ein. Wir müssen Geld in die Hand nehmen, um die Krise ohne eine Verschärfung der sozialen Spaltung zu überstehen und um die Wirtschaft durch große konjunkturpolitische Maßnahmen zu stimulieren. Zur Finanzierung der Krisenfolgen brauchen wir eine finanzielle Beteiligung der stärksten Schultern der Gesellschaft. Daher fordern wir eine Abgabe auf besonders hohe Vermögen von über 10 Millionen Euro, eine Anhebung des Spitzensteuersatzes, die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und eine weitergehende Reform der Erbschaftssteuer.

9.
Schon jetzt ist absehbar, dass die Krisenauswirkungen über den Sommer hinaus fortbestehen werden. Es wird dauern, bis die Wirtschaft wieder das Vorkrisenniveau erreichen wird und Instrumente wie das Kurzarbeitergeld aufgehoben werden können. Entsprechende Maßnahmen wie etwa das Kurzarbeitergeld oder die Schutzschirme zwischen VermieterInnen und MieterInnen müssen daher so lange wie nötig verlängert werden.


II. Eine koordinierte und solidarische europäische Krisenpolitik

10.
Ohne eine gemeinsame, solidarische Lösung der Corona-Krise steht die europäische Einigung auf dem Spiel. Die Kluft zwischen Arm und Reich innerhalb der Staaten und die Spaltung zwischen schwächeren und stärkeren Mitgliedsstaaten würden sich ohne eine Koordinierung der nationalen und der europäischen Maßnahmenpakete nur noch verschärfen. Wir müssen aus den Fehlern der Vergangenheit lernen. Austeritätspolitik ist keine Lösung und verschärft die Krise nur noch, wie wir am Beispiel des kollabierenden italienischen Gesundheitssystems sehen.

11.
Es braucht jetzt eine unbürokratische und schnelle Lösung, um die besonders von der Krise betroffenen Staaten mit Liquidität zu versorgen. Kurzfristig wird der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) in Zusammenarbeit mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) bei der gemeinsamen Kapitalbeschaffung helfen. Mittelfristig fordern wir aber die Einführung von Coronabonds für die Deckung der Folgelasten der Corona-Pandemie in Form eines europäischen Solidarfonds. Aus diesem Solidarfonds können notwendige Konjunkturpakete zur Belebung der Wirtschaft nach der Corona-Krise finanziert werden.

12.
Diese Maßnahmen müssen an die sozial-ökologische Modernisierung Europas gekoppelt werden. Denn auch wenn angesichts von Corona andere Herausforderungen wie die Klimakrise, die zunehmende internationale Konkurrenz oder die ungleiche Entwicklung in Europa, in der öffentlichen Wahrnehmung derzeit in den Hintergrund treten, bleiben diese Probleme bestehen. Wir müssen sie deshalb genauso koordiniert angehen. Zur Belebung der Konjunktur nach Corona und angesichts der anderen Herausforderungen braucht es ein makroökonomisches koordiniertes Wachstums- und Innovationsprogramm für Europa. Dieses muss die Förderung von Zukunftsmärkten, von Forschung und technischer Innovation mit dem ökologischen Umbau der Wirtschaft, der Förderung von Beschäftigung und guten Arbeitsbedingungen sowie dem Ausbau der öffentlichen Daseinsvorsorge verknüpfen. Damit von den Maßnahmen nicht allein die Unternehmen profitieren, müssen die ArbeitnehmerInnen unter anderem durch mehr Mitbestimmung strukturell gestärkt werden und politische Einflussmöglichkeiten ausgebaut werden. Denkverbote helfen uns nicht. Gerade in für die gesellschaftliche Entwicklung wichtigen Bereichen ist es denkbar, dass die öffentliche Hand im Gegenzug für aktive staatliche Förderung Unternehmensanteile erhält. So können die Umsetzung ökologischer und sozialer Standards in der Wirtschaft demokratisch kontrolliert und angesichts zunehmender globaler Konkurrenz heimische Standorte besser geschützt werden. Wir wollen aus dem Green Deal einen Social Green Deal machen.

13.
Wir machen uns jetzt auf den Weg dahin. Es muss endlich zu einem Ende des steuer- und sozialpolitischen Dumpingwettbewerbs in Europa kommen. In einem ersten Schritt braucht es eine Harmonisierung der Steuerpolitik, eine europäisch abgestimmte Tarifpolitik und die Einführung eines europäischen Arbeitslosenrückversicherungssystems. Auch so können Spaltung und Ungleichheit in Europa bekämpft werden und der europäischen Idee neues Leben eingehaucht werden.

14.
Wir wollen, dass es in Europa solidarisch zugeht. Deswegen ist es wichtig, dass sich die kriselnden Mitgliedsstaaten über den ESM mit Liquidität versorgen können – ohne unsinnige Sparvorgaben. Klar ist aber auch: Starke Schultern müssen mehr tragen als schwache, denn es kommt jetzt darauf an, die sozialen Fliehkräfte in Europa einzudämmen. Zur Finanzierung der Coronabonds und der konjunkturpolitischen Maßnahmen fordern wir eine effiziente und nachhaltig wirksame europäische Transaktionssteuer und regen die Erhebung einer Abgabe auf besonders hohe Vermögen in Form eines europäischen Lastenausgleichs an. Außerdem müssen die restriktiven Fiskal- und Fördervorgaben innerhalb der europäischen Vertragswerke reformiert werden. Jedes Land braucht jetzt Spielraum, um in der Krise gegensteuern zu können.

15.
Europa ist nicht nur ein gemeinsamer Wirtschaftsraum. Als Wertegemeinschaft darf es jetzt nicht die Schwächsten der Schwachen vergessen. In den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln herrschen schlimmste Bedingungen, ein Ausbruch der Corona-Pandemie könnte gravierende Folgen haben. Im Koalitionsausschuss haben wir als SPD nach äußerst zähen Verhandlungen mit der CDU und CSU durchgesetzt, dass den besonders schutzbedürftigen Geflüchteten auf den griechischen Inseln so schnell und unbürokratisch wie möglich geholfen werden soll. Der deutsche Anteil der 1.600 Kinder, auf deren koordinierte Aufnahme sich eine europäische Koalition der Willigen geeinigt hat, muss schnellstmöglich in einer Koalition der Handelnden nach Deutschland kommen. Die Aufnahme dauert schon viel zu lange. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Gefahr durch die Corona-Pandemie müssen die Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln evakuiert und annehmbare Aufnahmezentren auf dem Festland geschaffen werden. Wir stellen aber auch klar: Uns reicht das nicht! Insgesamt fordern wir die Bundesregierung auf, auch die Ratspräsidentschaft zu nutzen, um endlich zu langfristigen Lösungen für eine humane, solidarische und rechtssichere EU-Asylpolitik zu kommen. Es darf nicht sein, dass immer wieder auf Notsituationen reagiert wird. Stattdessen muss das Ziel sein, genau diese gar nicht erst entstehen zu lassen. Diesen Prozess werden wir aktiv begleiten.

16.
Entwicklungsländer werden von der Ausbreitung des Virus und dessen Auswirkungen besonders hart getroffen, vor allem weil hier in Großstädten und dichtbesiedelten Armenvierteln keine soziale Distanzierung möglich ist und Menschen oft keine Wahl haben nicht arbeiten zu gehen. Dazu kommt eine Bevölkerung, die zwar relativ jung ist, aber aufgrund von Mangelernährung und chronischen Krankheiten körperlich geschwächt ist. Es ist zu befürchten, dass diese Länder, in denen schon heute deutliche schlechtere hygienischen Verhältnisse herrschen und in denen die medizinische Versorgung unzureichend ist, auch beim Zugang zu künftigen Medikamenten und Impfstoffen vergessen werden. Daher müssen wir uns für einen gerechten weltweiten Zugang zu den Medikamenten und Impfstoffen gegen das Covid-19-Virus einsetzen und die ausreichende Produktion entsprechend sicherstellen. Und unsere Solidarität sollte sich indes nicht nur auf die medizinische Versorgung beschränken. Wir müssen auf nationaler und europäischer Ebene dringend erhebliche zusätzliche finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, um die Gesundheitssysteme in den Ländern des globalen Südens zu stärken und die wirtschaftlichen und sozialen Schäden abzumildern. In diesem Sinne unterstützen wir auch Schuldenerlasse und Schuldenerleichterungen für die ärmsten Länder.

17.
Das Corona-Virus ist in Windeseile zu einer weltweiten Herausforderung geworden und hat jeden Winkel dieser Welt erfasst. Kein Staat ist optimal auf dieses Szenario vorbereitet gewesen, umso unverzichtbarer wäre nun eine weltweite Kooperation. Doch stattdessen führt uns diese Krise klar vor Augen, dass die internationalen Institutionen derzeit in keiner guten Verfassung sind. Anstatt weltweit Maßnahmen aufeinander abzustimmen und die Verteilung von benötigten Gütern zu koordinieren, konkurrieren die einzelnen Staaten vielfach miteinander und treiben so beispielsweise die Preise für medizinische Schutzkleidung in die Höhe. Und auch wenn es in der Folge in mancher Hinsicht zu einer Deglobalisierung kommen wird, nicht nur bei der Herstellung von Medizinprodukten, sondern auch mit Blick auf weitverzweigte Liefer- und Fertigungsketten in der Industrie, wird unsere Welt auch in Zukunft eine globalisierte sein. Es wird hoffentlich eine Lehre aus dieser Corona-Krise sein, dass wir demokratische und handlungsfähige internationale Institutionen brauchen, die globale Herausforderungen wie den Klimawandel, die Spaltung in Arm und Reich, kriegerische Konflikte und eben auch Pandemien bewältigen können. Das ist das soziale und demokratische Angebot in einer sich neu aufstellenden Welt. Wir wollen die deutsche EU-Ratspräsidentschaft dafür nutzen.

 

Das Papier als pdf-Datei zum Download gibt es hier.

Anlässlich der Corona-Pandemie erklären Matthias Miersch, Sprecher der Parlamentarischen Linken in der SPD-Bundestagsfraktion sowie Bernhard Daldrup, Mitglied der Parlamentarischen Linken sowie kommunalpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion:

„Auf die Kommunen kommen durch die Folgen der Corona-Pandemie finanziell dramatische Zeiten zu. Es steigen nicht nur die Ausgaben für kommunale Unternehmen, Unterstützungen für soziale Leistungen oder für den Mittelstand stark an. Gleichzeitig werden die Kommunen massive Steuereinbrüche haben. Unser gesellschaftliches Leben wird maßgeblich in den Kommunen bestimmt. Sie organisieren die Fürsorge, helfen Vereinen, ihre zahlreichen Einrichtungen bilden das Grundgerüst für das öffentliche Leben. Sie geben dem Staat sein Gesicht. An ihrer Fähigkeit zum Handeln entscheidet sich, ob der Staat den Menschen in der Krise erfolgreich beisteht. Die Kommunen sind systemrelevante Akteure, sie brauchen deshalb jetzt einen Rettungsschirm durch Bund und Länder. Sie müssen mit liquiden Mitteln aus-gestattet werden um Investitionen zu finanzieren und die Daseinsvorsorge aufrecht zu erhalten.

Infolge der Auswirkungen der Corona-Krise werden die kommunalen Ausgaben, insbesondere im Sozialbereich, deutlich ansteigen. Das gilt nicht nur für die Folgekosten der Arbeitslosigkeit – im Bereich der Kosten der Unterkunft – sondern auch für verschiedene kommunal finanzierte Leistungen des SGB – etwa im Bereich der Jugendhilfe. Auch freiwillige Leistungen wie die zusätzliche Unterstützung von Frauenhäusern und -Beratungsstellen, Wohnungslosen- und Obdachloseninitiativen und vieles andere mehr sind faktisch unverzichtbar. Der Staat tritt seinen Menschen in Form der Kommunen unmittelbar gegenüber. Sie geben dem Staat sein Gesicht.

Auch kommunale Unternehmen sind durch die Corona-Pandemie in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Unternehmen in besonders betroffenen Wirtschaftsbereichen wie Messen, Flughäfen, Veranstaltungszentren, Häfen, Bäder und Kultureinrichtungen sind durch Einnahmeausfälle in ihrer Existenz bedroht. Aus diesem Grunde begrüßen wir als ersten Schritt, dass der Bundesfinanzminister auch kommunalen Unternehmen den Zugang zum Wirtschaftsstabilisierungsfonds ermöglicht und wünschen diese Bereitschaft von Bund und Ländern auch bei weiteren in Planung befindlichen Hilfsprogrammen.

Neben den ansteigenden Ausgaben werden die Kommunen zudem massive Einbrüche bei allen Steuerarten haben, und zwar sowohl durch den Rückgang des Steueraufkommens als auch zusätzlich durch Stundung, Aussetzen und Kürzung. Gleichermaßen gibt es keinerlei Handlungsspielräume, die Einnahmeverluste durch Steuererhöhungen auszugleichen. Dieses gilt auch für gebührenfinanzierte öffentliche Einrichtungen, die dennoch nicht geschlossen werden können, wenn nicht völlig neue soziale Konflikte heraufbeschworen werden sollen.

Es führt deshalb kein Weg daran vorbei, einen Rettungsschirm für die systemrelevanten Kommunen aufzuspannen. Als erste schnelle und wirkungsvolle Maßnahme sollte der Bund seine unmittelbar an die Kommunen gerichteten Fördermaßnahmen entfristen und mit vorzeitigen, förderunschädlichen Genehmigungen und einfachen Verwendungsnachweisen versehen. Dazu zählen beispielsweise der Digitalpakt an Schulen und verschiedene Programme für Infrastrukturmaßnahmen wie im Bereich des Sport, der Kultur, Freizeit und des Städtebaus. Bund und Länder kommen zudem nicht umhin, entweder ihre Anteile oder die absoluten Beträge an den Sozialkosten, zunächst zeitlich befristet auf die Jahre 2020 und 2021 deutlich zu erhöhen. Wir appellieren angesichts der massiven Einnahmeverlusten bei den Kommunen auch an die Länder, die finanzielle Grundausstattung der Kommunen deutlich zu verbessern.

Wir treten weiterhin mehr denn je für eine schnelle Entlastung der Kommunen bei den Altschulden ein, die jetzt in der Krise umso dringender geworden ist.“

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Die bereits seit Jahren existierende Situation von Geflüchteten im europäischen Raum, aber auch in den außereuropäischen Grenzgebieten, macht uns große Sorgen und ist nach humanitären und auch nach juristischen Maßstäben nicht hinnehmbar.

Nach der Eskalation an der griechischen Grenze musste eine schnelle und akute Lösung gefunden werden für die besonders schutzbedürftigen Menschen auf den griechischen Inseln.

Im Koalitionsausschuss haben wir als SPD nach äußerst zähen Verhandlungen mit der CDU und CSU durchgesetzt, dass so schnell und unbürokratisch wie möglich geholfen werden soll. Der deutsche Anteil der 1.600 Kinder, auf deren koordinierte Aufnahme sich eine europäische Koalition der Willigen geeinigt hat, muss schnellstmöglich in einer Koalition der Handelnden nach Deutschland kommen. Die Aufnahme dauert schon viel zu lange. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Gefahr durch die Corona-Pandemie müssen wir gemeinsam mit anderen Staaten wie Luxemburg mit dieser Evakuierung umgehend beginnen. Wir stellen aber auch klar:

Uns reicht das nicht!

Wir freuen uns über jedes Kind, das durch diesen Beschluss auf sicherem Wege nach Europa und zu uns nach Deutschland gelangen kann. Das muss auch, und in Hinblick auf schwer erkrankte Kinder, erst recht in Zeiten von Corona zügig umgesetzt werden. Ein negativer Corona-Test als Voraussetzung ist dabei ebenso unabdingbar wie Sicherheitsmaßnahmen nach der Ankunft in Deutschland.

Wir als SPD sehen uns in der Verantwortung, hilfebedürftigen Kindern, Frauen und Familien in größerem als bisher zugestandenem Maß zu helfen. Dabei darf es nicht alleinig um die Festlegung von Kontingenten gehen.

Wir fordern:

… unseren EU-Partner Griechenland auf, einen humanen Umgang mit Geflüchteten an den Tag zu legen und bestehendes Völkerrecht zu achten. Wir erkennen an, dass die griechische Zivilbevölkerung und Hilfsorganisationen in den letzten Jahren eine große Verantwortung übernommen haben bei der Aufnahme und Versorgung der sich in Griechenland aufhaltenden Schutzsuchenden. Die Nichteinhaltung der Genfer Flüchtlingskonventionen und eine generelle Aussetzung des Rechts auf Asyl sind aber genauso wenig akzeptabel wie Push-Backs und unverhältnismäßige Gewalt.

… die sofortige Evakuierung der Asylsuchenden von den griechischen Inseln in akzeptable Aufnahmezentren auf das griechische Festland und eine Verteilung der Schutzsuchenden im Rahmen einer europäischen Koalition der Willigen. Zahlreiche Kommunen in Deutschland haben ihre Bereitschaft zur Aufnahme bereits signalisiert. Auch im Rahmen des Anspruchs auf Familienzusammenführung müssen wir schneller als bisher Menschen aus prekären Situationen nach Deutschland holen – auch, wenn wir vorangehen.

…die Einhaltung des bestehenden Völkerrechts zu achten. Die Genfer Flüchtlingskonvention fordert, dass jede Person das Recht darauf hat, als Geflüchtete*r registriert zu werden. Des Weiteren besteht ein Recht auf Schutz vor Ausweisung. Die Genfer Flüchtlingskonvention darf nicht unterlaufen werden

…die EU auf, im Rahmen von Soforthilfe dafür zu sorgen, dass die Grenzsicherung im griechisch-türkischen Grenzgebiet wieder den rechtlichen Standards genügt und Rechtsbrüche wie Push-backs sofort beendet werden.

… die EU auf, die finanzielle und organisationale Hilfe für die von Flüchtlingsbewegungen besonders betroffenen Länder zu erhöhen. Es muss schnellstmöglich ein neues EU-Türkei-Abkommen ausverhandelt werden und Griechenland nachvollziehbar in der Lage sein, humanitäre Bedingungen für die Geflüchteten vorzuhalten. Für aufnahmebereite EU-Länder muss es einen unterstützenden finanziellen Bonus geben.

… die Bundesregierung auf, auch die Ratspräsidentschaft zu nutzen, um endlich zu langfristigen Lösungen für eine humane, solidarische und rechtssichere EU-Asylpolitik zu kommen. Es darf nicht sein, dass immer wieder auf Notsituationen reagiert wird. Stattdessen muss das Ziel sein, genau diese gar nicht erst entstehen zu lassen.

… unseren Koalitionspartner CDU und CSU auf, sich an ihre christlichen Werte zu erinnern und die Hilfe nicht auf 1.600 Kinder zu begrenzen, sondern hier für eine menschliche und langfristige Lösung offen zu sein.

Am 3. März 2020 hat die Parlamentarische Linke in der SPD-Bundestagsfraktion ihren Vorstand neu gewählt. Matthias Miersch wurde einstimmig als Sprecher der Parlamentarischen Linken bestätigt. Er steht dem linken Flügel der SPD-Bundestagsfraktion seit 2015 vor.

Der 51-jährige Matthias Miersch gehört dem Bundestag seit 2005 an. Seit Dezember 2017 ist er stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Zudem ist er seit 2013 Mitglied des SPD-Parteivorstands.

Neben Matthias Miersch wurde auch Bärbel Bas in ihrer Funktion als Schatzmeisterin der Parlamentarischen Linken einstimmig bestätigt. Als weitere Mitglieder im Leitungskreis der Parlamentarischen Linken wurden Niels Annen, Wiebke Esdar, Oliver Kaczmarek, Daniela Kolbe, Hilde Mattheis, Sönke Rix, Sarah Ryglewski, Dagmar Schmidt, Kerstin Tack und Gülistan Yüksel gewählt. Der Leitungskreis bestimmte in seiner ersten Sitzung Sönke Rix als stellvertretenden Sprecher und Kerstin Tack als stellvertretende Sprecherin der Parlamentarischen Linken.

Mit über 350 Gästen aus Politik und Zivilgesellschaft hat die Parlamentarische Linke auch in diesem Jahr ihr fast schon traditionelles Sommerfest gefeiert. Bei hochsommerlichen Temperaturen gab es in der Berliner Kalkscheune gleich mehrfachen Grund zur Freude.

Die Parlamentarische Linke in der SPD-Bundestagsfraktion feiert in diesem Jahr ihr 50. Jubiläum. Dies zum Anlass genommen, fand zum Auftakt des Jubiläumsjahres am Dienstag, den 14.05.2019, eine Podiumsdiskussion mit ehemaligen sowie aktiven Mitgliedern der Parlamentarischen Linken im Kreise langjähriger WegbegleiterInnen statt. Unter dem Titel „Woher wir kommen, wohin wir wollen“ erinnerten sich unsere Gäste auf dem Podium sowie im Plenum an vergangene Erfolge und wiesen auf die derzeit drängenden Herausforderungen einer linken Sozialdemokratie hin.

Innerhalb der Parlamentarischen Linken haben wir seit der letzten Bundestagswahl über die Alltagspolitik hinaus ganz grundsätzliche Diskussionen geführt.  Anlässlich des SPD-Debattencamps am 10. und 11. November 2018 haben wir in möglichst wenigen und knappen Thesen zusammengefasst, welche Impulse unsere Partei nun aus unserer Sicht braucht. Wir freuen uns, wenn wir mit unseren Thesen einen Beitrag zur lebendigen und offenen Debatte über unsere Programmatik und Richtung unserer Partei leisten können.

Die sozialdemokratische Gesamterzählung lässt sich unmittelbar aus den vereinbarten globalen nachhaltigen Entwicklungszielen (SDGs) ableiten. Wir wollen umfassende Gerechtigkeit auf nationaler und internationaler Ebene und den Erhalt des Planeten auch für nachfolgende Generationen. Wir wollen dafür Sorge tragen, dass diese Ziele umgesetzt werden.

ZU LENKUNGSGRUPPE „WACHSTUM FÜR ALLE“

Wirtschaft am Bedarf ausrichten – ökologische Grenzen anerkennen
Wertschöpfung, nachhaltiges Wachstum und Wohlstand können künftig nur entstehen, wenn „die“ Wirtschaft am Bedarf ausgerichtet ist. Die ökologischen Herausforderungen, unter anderem in den Bereichen Klima- und Meeresschutz, Kreislaufwirtschaft und Trinkwasser, bilden wichtige Parameter. Daran müssen alle Politikbereiche, auch die internationale Handelspolitik, ausgerichtet werden. Die Grenzen der Biosphäre sind als unverrückbar anzuerkennen.

Das Wirtschaftssystem und sämtliche Instrumente auf Nachhaltigkeit hin ausrichten
Ressourcenverbrauch muss im Steuer- und Abgabensystem unter anderem durch eine CO2– bzw. Ressourcen-Bepreisung berücksichtigt werden. Andere Steuerarten (z.B. Stromsteuer) können aufgehoben und Umlageverfahren (z.B. EEG) zugunsten einer sozialverträglichen Lösung in den Haushalt überführt werden. Sämtliche klimaschädlichen Subventionen können abgeschafft und die dadurch zur Verfügung stehenden Gelder unter anderem in den Auf- und Ausbau eines attraktiven ÖPNV investiert werden. Über Green Bonds (Nachhaltige Bundesschatzbriefe) soll sich auch privates Kapital am Transformationsprozess beteiligen können.

Umwelt und Arbeit stets zusammen denken
Zukunftsträchtige Arbeitsplätze entstehen, wenn wir den Anforderungen von Nachhaltigkeit und Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschonung Rechnung tragen. Solche Arbeitsplätze können beispielsweise in den Bereichen erneuerbare Energien, Speichertechnologie, alternative Antriebstechniken oder Ressourceneffizienz entstehen. Dort, wo sozial-ökologische Politik Transformationsprozesse hervorruft, muss der Staat strukturpolitisch tätig werden und den Menschen langfristige Perspektiven eröffnen. Das gilt insbesondere auch für den Wandel der Arbeitswelt im Zuge der Digitalisierung. Die Chancen auf sozialen wie ökologischen Fortschritt müssen durch eine intelligente Investitionspolitik genutzt werden.

Infrastruktur zukunftssicher machen
Unter Einsparung milliardenschwerer klimaschädlicher Subventionen und mittels steuerlicher Umverteilung werden wir ein milliardenschweres staatliches Investitionsprogramm „Zukunft“ zum Umbau der gesamten Infrastruktur auflegen und damit die große Energie-, Mobilitäts-, Landwirtschafts- und Wärmewende ermöglichen. Hierzu gehört auch die flächendeckende digitale Anbindung des ländlichen Raumes, beispielsweise durch eine Breitbandverkabelung. Die so geschaffene Infrastruktur ist fester Bestandteil der Daseinsvorsorge. Eine moderne Daseinsvorsorge muss durch eine gemeinnützig orientierte Wirtschaft auch die Grundversorgung der Bürgerinnen und Bürger neu aufstellen, z. B. im Bereich der Pflege.

ZU LENKUNGSGRUPPE „NEUES MITEINANDER“

Was kommt nach Hartz IV? – Der Handlungsfähige Sozialstaat!
Unser Sozialstaat ist unter Druck geraten – von denjenigen, die ihn abschaffen wollen und von denjenigen, die nicht die Unterstützung erhalten, die sie erwarten. Die Globalisierung und ein finanzmarktgetriebener Kapitalismus erfordern einen starken und handlungsfähigen Sozialstaat, der Lebensrisiken absichert, einfach und individuell hilft und der solidarisch von allen finanziert wird. Wir sind der Überzeugung: Es ist an der Zeit das Hartz-IV-System zu überwinden und unseren Sozialstaat wieder auf die Höhe der Zeit zu bringen.

Das Leben leichter machen! – Der Sozialstaat als Partner!
Oftmals begegnet der aktuelle Sozialstaat den Menschen als unfreundliches Bürokratiemonster. Wir wollen einen Sozialstaat der in unterschiedlichen Lebenslagen individuell unterstützt und die Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind, auch erreicht. Bürgerinnen und Bürger müssen ihre Rechte und Möglichkeiten kennen und die ihnen zustehenden Leistungen einfach und ohne bürokratischen Aufwand erhalten. Dafür werden wir das Sozialsystem einfach, verständlich und gerecht machen und Anlaufstellen für Leistungen aus einer Hand zum einen für Sozial- und Familienleistungen in Teilhabezentren und zum anderen für Sozialversicherungsleistungen in gemeinsamen Servicestellen schaffen.

Chancengleichheit und Leistungsgerechtigkeit in einem solidarischen Sozialstaat
Um Arbeit dem Leben anzupassen, Risiken im Beruf abzufedern und Veränderungen und Weiter-bildung zu ermöglichen, wollen wir ein individuelles Chancenkonto für alle sowie eine Arbeitsversicherung, die durch das Erwerbsleben begleitet. Nicht nur reiche Erben sollen mit einem Gefühl der Sicherheit und Flexibilität ins Erwerbsleben starten und Mut für Veränderungen haben können. Menschen, die bereits jahrzehntelang gearbeitet haben, wollen wir in unserem Sozialsystem besser absichern, um ihrer Lebensleistung stärker gerecht zu werden.

Mindestmaß an Absicherung für alle
Wir haben mit dem Mindestlohn eine Untergrenze für Bezahlung für Beschäftigte geschaffen. Mit der Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung wollen wir eine Mindestabsicherung für Rentnerinnen und Rentner einführen. Auch die Familien brauchen eine Grundabsicherung für Kinder. Familien mit Kindern werden wir mit einer Kindergrundsicherung besser und solidarischer absichern. Weil uns jedes Kind gleich viel wert ist.

Zusammenhalt in Vielfalt auf der Basis des Grundgesetzes
Deutschland ist ein Einwanderungsland und garantiert im Grundgesetz die gleichberechtigte Teilhabe an unserer Gesellschaft, ganz gleich, wer man ist oder woher man kommt. Wer hier dauerhaft lebt, muss sich einbringen können – etwa durch Wahlen oder zivilgesellschaftliches Engagement. Eine bessere Förderung von MigrantInnenorganisationen und das kommunale Wahl­recht sind hierfür nur der Anfang. Wir müssen alle im Blick haben, auch die Menschen mit Migrationsgeschichte, die schon länger Teil unserer Gesellschaft sind. Dazu gehört ein modernes Staatsbürgerschaftsrecht, das mehrere Staatsbürgerschaften zulässt.
Das Grundgesetz garantiert die Würde des Menschen. Jedweder Form von Diskriminierung stellen wir uns entschieden entgegen. Dazu müssen wir die Antidiskriminierungspolitik weiterentwickeln und dafür sorgen, dass etwa durch ein Verbandsklagerecht und gut ausgestattete Beratungsstellen Einzelpersonen leichter für ihre Rechte streiten können.
Wir brauchen eine gemeinsame Vision, wer wir sind und wer wir sein wollen. Nur so können wir die auftretenden Konflikte selbstbewusst lösen und auf die Vielfalt stolz sein, die unsere Gesellschaft ausmacht.

Arbeit ermöglichen und anerkennen
Arbeit bedeutet nicht nur Lohnerwerb, sondern auch gesellschaftliche Anerkennung. Deshalb ist es wichtig, dass Menschen mit Migrationsgeschichte – egal wie lange sie schon bei uns leben – umfassenden Zugang zur Arbeits- und Ausbildungsförderung haben und es für ihre Zielgruppe passgenaue Angebote gibt.
Als alternde Gesellschaft und starke Volkswirtschaft reicht unser inländisches Arbeitskräfte­potenzial auf Dauer nicht aus. Damit mehr qualifizierte Menschen aus dem außereuropäischen Ausland bei uns arbeiten können, brauchen wir schnellstens ein modernes Einwanderungsgesetz, das echte Anreize zum qualifizierten Arbeiten in Deutschland setzt und auch die Familien der Zugewanderten im Blick hat. Es darf nicht sein, dass Geflüchtete von der Werkbank oder aus der Berufsschule abgeschoben werden.  Dafür brauchen wir einen sicheren, unkomplizierten Weg für diese erwerbstätigen Menschen in einen sicheren Aufenthalt.

Humane und funktionierende Asylpolitik
Das Recht auf Asyl ist ein Grundrecht, für das wir streiten. Wir brauchen eine realistische und humane Asylpolitik, die in der Praxis funktioniert. Dabei gilt: Wer ernsten Gefahren und Verfolgung ausgesetzt ist, kann dieses Recht für sich beanspruchen. Wer Schutz braucht, erhält diesen auch und kann auf schnelle und faire Verfahren mit unabhängiger Rechtsberatung und eine humane Behandlung zählen. Wer keinen Schutzanspruch hat, muss wieder ausreisen. Wir wollen legale Migrationswege schaffen, funktionierende Rücknahmeabkommen schließen und die Umverteilung in der EU auf der Basis von Freiwilligkeit organisieren. Parallel müssen wir die Not dort lindern, wo sie am größten ist: Durch humanitäre Hilfe für Vertriebene in den Erstaufnahmeländern wie z.B. Jordanien, und ein umfassendes, gemeinschaftlich und dauerhaft finanziertes Seenotrettungsprogramm der EU.

Nachwendezeit aufarbeiten und Demokratie fördern
Es ist an der Zeit gesamtdeutsch anzuerkennen, dass nach der Deutschen Einheit 1990 Ungerechtigkeiten entstanden sind, die in der ersten, zweiten und dritten Generation Ost Narben hinterlassen haben und Biografien bis heute prägen. Das bedeutet für uns: Die zum Teil hochproblematische Arbeit der Treuhand muss aufgearbeitet und gesamtdeutsch thematisiert werden. Bei der Überleitung der Alterssicherung der DDR in die bundesdeutsche Rente entstandene Nachteile, müssen thematisiert und entschädigt werden. Ostdeutsche sollen real und symbolisch Anteil an der Bundesrepublik haben, weswegen wir die mangelnde Präsenz von Ostdeutschen in den Führungsetagen in der Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und in den Medienanstalten überwinden müssen. Gleichberechtigte Teilhabe für alle, bedeutet auch, die Lebensleistung aller hier lebenden Menschen anzuerkennen. Daher setzen wir uns für ein Demokratiefördergesetz ein, das Menschen in Kita, Schule und Zivilgesellschaft mehr Teilhabe ermöglicht und politische Bildung massiv ausbaut, z.B. durch die Verstetigung der Mittel für das Programm „Demokratie leben!

Strukturschwache Regionen gezielt fördern
Einige Regionen Deutschlands, insbesondere Ostdeutschland und ehemalige Bergbauregionen, sind strukturell benachteiligt und drohen von einer allgemein guten Entwicklung der Bundesrepublik abgehängt zu werden. Wir wollen, dass Menschen in jedem Alter und in allen Regionen, in der Stadt und auf dem Land, die gleichen Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe und eine gute persönliche Entwicklung haben. Dafür braucht es einen guten Zugang zu Leistungen der Daseinsvorsorge. Bedarfsgerechte Mobilitätskonzepte, die Ausstattung mit schnellem Internet, eine leistungsfähige medizinische Versorgung und finanziell handlungsfähige Kommunen sind wesentliche Faktoren, um die Situation in strukturschwachen Regionen zu verbessern. Durch die gemeinsame Anstrengung von Bund und Ländern wollen wir für gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland sorgen.

Für eine soziale Boden-, Mieten- und Wohnungspolitik
Unser Ziel sind gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land. Wir brauchen dazu mehr und dauerhafte Investitionen in unsere Städte und Dörfer. Die Sicherung und die Schaffung neuen bezahlbaren Wohnraums sowie eine aktive Stadtentwicklungspolitik erfordern einen deutlich verbesserten rechtlichen Rahmen im Baugesetzbuch und Mietrecht. Wir setzen dabei auf eine Stärkung der Kommunen sowie der gemeinwohlorientierten Unternehmen, vor allem städtische Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften. Dabei streben wir nach dem Wiener Vorbild Bindungen auf Dauer an und wollen der Spekulation mit Grund und Boden Einhalt gebieten.

ZU LENKUNGSGRUPPE „ARBEIT VON MORGEN“

Ein Recht auf Arbeit statt bedingungsloses Grundeinkommen
Arbeit ist der Schlüssel für Teilhabe und die Grundlage unseres Sozialstaats. Wir wollen Arbeit für alle ermöglichen und ein Recht auf Arbeit schaffen. Wer arbeiten möchte, soll ein seiner Lebens­lage und seiner Qualifikation entsprechendes Arbeitsangebot erhalten.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit
Insbesondere Frauen werden bei der Bezahlung ihrer Arbeit diskriminiert. Erste Schritte das zu bekämpfen sind auf den Weg gebracht. Um gleiche Bezahlung für gleichwertige Arbeit zu gewähren, braucht es eine gesetzliche Regelung zur Transparenz der Löhne sowie eine Weiterentwicklung der Aufstiegschancen von Frauen durch eine Ausweitung der Frauenquote.

Mitbestimmung und Tarifautonomie
Demokratie endet nicht an den Werkstoren. Und Tarifpolitik sichert die gerechte Verteilung vom erwirtschafteten Profit. Daher brauchen wir dringend eine Stärkung der tariflichen Sozialpartnerschaft durch mehr allgemeinverbindliche Tarifverträge und mehr Anreize Tarifverträge überhaupt abzuschließen. Das kann durch steuerliche Anreizsysteme erfolgen und durch eine klare gesetzliche Arbeitsschutzpolitik, die Flexibilität nur unter der Maßgabe eines tariflichen Gegenwerts ermöglicht. Damit Gesetze wie Tarifverträge in den Betrieben auch eingehalten werden, muss die betriebliche Mitbestimmung ebenfalls gestärkt werden. Wir werden daher eine umfassende Reform des Betriebsverfassungsgesetzes auf den Weg bringen, die über bisherige Informationsrechte hinausgeht, insbesondere auch mit Blick auf den werkvertraglichen Wildwuchs.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Um eine bessere Vereinbarung von Pflege und Erziehung mit dem Beruf zu gewährleisten, brauchen wir neben guter Betreuungsinfrastruktur für Kinder eine Familienarbeitszeit, die auf dem Model des Elterngeldes (Plus) aufbaut und neben der Kinderbetreuung auch die Pflege von Angehörigen abdeckt.

Eine garantierte und gebührenfreie Ausbildung zum Start ins Erwerbsleben
Der Staat hat dafür zu sorgen, dass alle den gleichen Zugang zu Bildung haben. Jeder Mensch hat das Recht auf einen gebührenfreien Bildungsweg von Krippe und Kindergarten über Schule bis zur Ausbildung und Hochschule. Wir wollen Qualität und Gebührenfreiheit nicht gegeneinanderstellen. Beides sind für uns unabdingbare Voraussetzungen für gesellschaftliche Teilhabe. Niemand darf aus der Schule ins Ungewisse entlassen werden. Die Ausbildung ist die beste Versicherung gegen Armut und sozialen Abstieg. Wir brauchen eine Garantie dafür, dass alle Jugendlichen überall im Land einen qualifizierten Ausbildungs- oder Studienplatz mit Anschlussperspektive auf dauerhafte Beschäftigung erhalten. Das schließt auch Maßnahmen zur Vorbereitung eines Studiums oder einer Ausbildung mit ein. Das organisieren wir gebührenfrei, in hoher Qualität und mit Unterstützung wie BAföG für alle, die das benötigen. Dem BAföG muss in Zukunft in der beruflichen Bildung eine Mindestausbildungsvergütung für alle Auszubildenden gegenüberstehen. Diese Garantie wollen wir europaweit verankern, denn wir finden uns nicht damit ab, dass eine ganze Generation in Europa in die Perspektivlosigkeit entlassen wird.

Statt Brüchen Chancen ermöglichen – ein Leben lang
Was für die Ausbildung gilt, gilt auch für das lebensbegleitende Lernen: Das ist die beste Versicherung gegen Armut und Arbeitslosigkeit. Im Lauf eines Erwerbslebens wird es immer häufiger nötig, sich weiterzubilden, zu spezialisieren oder höher zu qualifizieren. Dafür braucht es geeignete Instrumente, die Geld, Zeit und Beratung für Qualifizierung ermöglichen. Wir müssen BAföG, Aufstiegs-BAföG, Bildungsprämien, bestimmte Instrumente der Arbeitsförderung modern anpassen und sinnvoll miteinander harmonisieren im Sinne einer Absicherung von Qualifizierungszeiten. Dabei wollen wir auch tarifvertragliche Lösungen fördern. Ein persönliches Chancenkonto gewährleistet in Zukunft, dass die Menschen selbstbestimmt über ihre Qualifizierung entscheiden können. Dabei werden wir regeln, dass die entsprechenden Zeiten und Förderansprüche gesetzlich abgesichert werden.

Verbraucherschutz in der Digitalen Welt – guter Datenschutz alleine reicht nicht!
Immer mehr Geschäftsmodelle leiten ihre Angebote aus der Vermessung und Analyse von Verbraucherverhalten ab. Die Erhebung von personenbezogenen Daten ist dafür essenziell. Viele dieser Geschäftsmodelle sind für die VerbraucherInnen grundsätzlich vorteilhaft, bergen jedoch auch große Risiken. Wir müssen Verbraucherrechte noch stärker als Bürgerrechte denken und auch in der Digitalen Welt unseren politischen Gestaltungsanspruch aufrechterhalten. Verbraucherrechte in der Digitalen Welt sind mehr als nur Datenschutz. Wir brauchen eine offensive Debatte darüber, welche Geschäftsmodelle der Digitalen Ökonomie wir mit einer freiheitlichen und solidarischen Gesellschaft für vereinbar halten, welche nicht und welche Schlussfolgerungen wir daraus ziehen. Dafür benötigen wir Instrumente, die es der Politik ermöglichen, auf Entwicklungen in der Digitalen Welt nicht nur zu reagieren, sondern sie im besten Fall vorauszusehen, mitzugestalten und im Falle von Problemen wirksam zu regulieren. Wir müssen technologieoffene Regulierungsempfehlungen entwickeln, die unabhängig vom Medium in Zukunft immer wieder angepasst werden können. Nach der Harmonisierung des Datenschutzrechts durch die DSGVO muss als nächster Schritt eine starke ePrivacy-Verordnung folgen, die die Privatsphäre und Vertraulichkeit in der elektronischen Kommunikation sicherstellt.

ZU LENKUNGSGRUPPE „WIR IN DER WELT“

Krieg verhindern, Frieden sichern
Um langfristig Frieden zu sichern, herzustellen und Krieg sowie kriegerische Auseinandersetzungen international zu verhindern, müssen die Anstrengungen Deutschlands intensiviert werden. Wir müssen einen integrierten Ansatz von Friedenspolitik verfolgen und unter anderem Maßnahmen der Entwicklungs- und Umweltpolitik mit Friedenspolitik zusammen denken. Auch müssen wir alle Bevölkerungsgruppen an Mediationsprozessen beteiligen. Es reicht nicht, nur mit einigen der beteiligten Akteure Friedensabkommen zu verhandeln.

Stabilität durch Abrüstung und Rüstungskontrolle
Stabilität in der Welt erreichen wir nicht ohne Abrüstung und Rüstungskontrolle. Derzeit erleben wir einen Trend zu militärischer Auf- statt Abrüstung. Um diesem entgegenzuwirken und Abrüstung sowie Rüstungskontrolle voranzutreiben, müssen wir auch in und mit der Nato dafür werben. Auch innerhalb der Progressive Alliance müssen wir uns für diese Position stark machen.

Durch gemeinsame europäische Außenpolitik internationale Sicherheit gewährleisten
Wenn die USA ihren Beitrag für die internationale Sicherheit zunehmend verringern und sich aus diesem Bereich zurückziehen, muss Europa den militärischen Bereich stärken. Gleichzeitig darf sich die EU aber nicht aufs Militärische beschränken und muss sich ebenso in Entwicklungspolitik und anderen die internationale Sicherheit betreffenden Bereichen stärker engagieren. Dafür ist eine Verständigung auf eine gemeinsame europäische Außenpolitik auf der Grundlage der Globalen Strategie von Federica Mogherini unerlässlich.

Multilateralismus nicht auf Freihandels- und Sicherheitspolitik beschränken, EU-Entwicklungs­politik stärken
Unsere Antwort auf die internationale Schwächung von multilateralen Verträgen, Institutionen und Bündnissen, muss die Stärkung ebendieser durch den entschiedenen Einsatz Deutschlands und der EU sein. Wir dürfen Multilateralismus dabei nicht auf Freihandel und die Zusammenarbeit in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik beschränken, sondern müssen internationale Organisationen stärken, eine gemeinsame EU-Entwicklungspolitik verfolgen und die Einhaltung von Menschenrechten konsequent fordern. Dabei müssen wir auch Unternehmen in die Pflicht nehmen. Sie dürfen wirtschaftliche Interessen nicht über die Einhaltung von Menschenrechten und Rechtsstaatsprinzipien stellen. Wir schlagen hier gesetzliche Sorgfaltspflichten für Unternehmen und internationale Abkommen vor.

Einsatz für Menschenrechte und Humanität ausbauen
Um unserem eigenen Anspruch der internationalen Durchsetzung von Menschenrechten nachzukommen, müssen wir unser deutsches und unser europäisches Engagement für Menschenrechte weiter ausbauen. Auch müssen wir unseren eigenen Einsatz sowie die Bewertung der Einhaltung grundlegender Menschenrechte sowie die Mittel zur Durchsetzung eigener Ziele z.B. in der Flüchtlingspolitik hinterfragen. Dazu gehört auch eine neue internationale Initiative, die Flüchtlingscamps qualitativ und menschengerecht unterstützt, gerade in den Regionen, die durch Flüchtlinge am meisten betroffen sind. Dazu gehören bauliche Mindeststandards ebenso wie Gesundheits-, Bildungs- und Ausbildungsprogramme.

Hunger und Armut beenden – gute Arbeit weltweit ermöglichen
Wir wollen Menschen überall auf der Welt ein würdiges Leben ohne Hunger und Armut ermöglichen. Dazu ist neben verstärktem Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit eine Neuausrichtung der europäischen Handelspolitik notwendig. Wir setzen uns für faire Handelsabkommen mit verbindlichen und starken Arbeitnehmerrechten ein. Das sichert auch in Deutschland Arbeitsplätze und gute Löhne, denn je höher die sozialen Standards weltweit sind, desto weniger können sich Unternehmen ihre Standorte danach aussuchen, wo sie die Beschäftigten am meisten ausbeuten können.

Europäische Identität und europäische Souveränität als Ziel und Mittel
Bald 75 Jahre wachsender Frieden in Europa und die Europäische Union als Staatengemeinschaft der gemeinsamen Verantwortung bilden ein historisch einmaliges Fundament für eine gute Zukunft in Wohlstand, Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit. Sie können Europa zugleich die Kraft geben, einen eigenen wegweisenden Beitrag zur Lösung der großen globalen Herausforderungen in der globalen Welt von morgen zu leisten.  Europa braucht hierzu eine eigene Identität in den Gefühlen und Köpfen seiner Menschen. Eine europäische Identität kommt nicht von alleine, sondern muss persönlich erfahren werden. Ihr muss durch eine gemeinsame Kultur-, Jugend-, Bildungs- und Wissenschaftspolitik der Weg bereitet werden. Hierin liegt eine Schlüsselaufgabe bei der Gestaltung des Europas von morgen. Identität als Ziel und Mittel stärkt Europas Souveränität. Diese wird für eine solidarische Politik nach innen genauso gebraucht wie für eine gemeinsame Politik nach außen.

Nachfolgend dokumentieren wir einen Aufruf aus den Reihen der Parteilinken in Hinblick auf den Basiskongress der Parteilinken am 12./13. Oktober 2018 sowie das SPD-Debattencamp am 10./11. November 2018:

Die SPD erlebt eine Welle des Zuspruchs, die Umfragewerte schießen in die Höhe. Mit ihren Themen bestimmt die SPD über Wochen die öffentliche Debatte. In Umfragen liegt sie vor der Union. – Diese Momentaufnahme aus dem Frühjahr 2017 zeigt: Die SPD wird zur Hoffnungsmaschine der Vielen, wenn sie Gerechtigkeit mutig und konkret, bei uns und in der Welt auf die Tagesordnung setzt und leidenschaftlich und überzeugend dafür eintritt.

Die Maschine ist auf der Strecke auch durch eigenes Verschulden ins Stocken geraten, das Wahlergebnis vor einem Jahr war desaströs. Wir wollen sie wieder ans Laufen kriegen, weil wir überzeugt sind: Es gibt eine solidarische Mehrheit im Land, die unsere Grundwerte teilt. Gerade auf sie setzen wir mit unserer Politik. Weiterlesen

Am Dienstag, den 3. Juli 2018 fand in der Berliner Kalkscheune das diesjährige PL-Sommerfest statt. In entspannter Atmosphäre feierte die Parlamentarische Linke und ließ gemeinsam mit den Gästen aus Politik, Medien, Kultur, Gesellschaft und Wirtschaft bei schönstem Wetter die letzte Sitzungswoche des Bundestages vor der parlamentarischen Sommerpause ausklingen. Matthias Miersch, Sprecher der Parlamentarischen Linken, kommentierte in seinen Begrüßungsworten den Streit zwischen den Unionsfraktionen und bezeichnete das Gebären der CSU als „Ego-Trips ganz nach dem Vorbild der Trumps dieser Welt“. Andrea Nahles, SPD-Fraktions- und Parteivorsitzende bekräftigte zu späterer Stunde, es werde keine Einigung im Asylstreit geben, die dem Fünf-Punkte-Plan der SPD oder dem Koalitionsvertrag entgegenstehe. Außerdem sprachen Bundesjustizministerin Katharina Barley sowie Olaf Scholz, Vizekanzler und Bundesfinanzminister Grußworte an die Gäste.

Vertreter der Parteilinken haben sich auf einem gestern stattfindenden Treffen in Berlin darauf verabredet, in Abkehr zum Hartz-IV-System einen modernen Sozialstaat mit einer leistungsfähigen öffentlichen Daseinsvorsorge zu entwickeln. Hierzu erklärte PL-Sprecher Matthias Miersch gemeinsam mit Kevin Kühnert, Hilde Mattheis und Ralf Stegner:

„Vertreterinnen und Vertreter der Parteilinken, das heißt aus dem SPD-Parteivorstand, aus der Parlamentarischen Linken, sowie aus den Vorständen von Jusos, DL 21 sowie Arbeitsgemeinschaften und linke Vertreterinnen und Vertreter aus Landesverbänden haben nach einer Diskussion mit dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, über sein Konzept des „solidarischen Grundeinkommens“ vereinbart, dass wir in Abkehr des bisherigen Hartz-IV-Systems diesen Vorschlag aufgreifen und eine Sozialstaatsdebatte nach vorne führen wollen.

Dazu gehören:
1.) Eine leistungsfähige öffentliche Daseinsvorsorge mit Zukunftsinvestitionen in Bildung, Soziales, besonders Gesundheit und Pflege, Wohnungsbau, Klimaschutz und Verkehr und digitale Infrastruktur.
2.) Ein Sozialstaat, der Reformideen wie eine eigenständige Kindergrundsicherung, die deutliche Erhöhung der Mindestlöhne, einen neuen sozialen Arbeitsmarkt für Langzeitarbeitslose mit Mindestlohn und Sozialversicherungspflicht (eben das „solidarische Grundeinkommen“), ein sanktionsfreies Existenzminimum, eine deutlich bessere Unterstützung für Alleinerziehende, gebührenfreie qualitativ hochwertige frühkindliche Bildung und die Einführung eines Chancenkontos für lebenslange Weiterqualifizierung umfasst.
Wir sehen in einer solchen Reform einen Baustein einer modernen wohlfahrtstaatlichen Strategie, die sowohl solidarische Sicherungssysteme als auch öffentliche Daseinsvorsorge stärkt und zu deren Finanzierung die verteilungspolitischen Spielräume konsequent nutzt.

Damit trägt die Parteilinke wesentlich zum laufenden inhaltlichen Reformprozess in der SPD bei. Gleichzeitig laden wir die Partei auf allen Ebenen dazu ein, dies zum Gegenstand ihrer Debatten zu machen.

Im Übrigen haben wir vereinbart, für das Wochenende 12./13. Oktober 2018 eine Basiskonferenz in Berlin zu organisieren, die die angeführten Punkte weiter diskutiert.“