Innerhalb der Parlamentarischen Linken haben wir seit der letzten Bundestagswahl über die Alltagspolitik hinaus ganz grundsätzliche Diskussionen geführt. Anlässlich des SPD-Debattencamps am 10. und 11. November 2018 haben wir in möglichst wenigen und knappen Thesen zusammengefasst, welche Impulse unsere Partei nun aus unserer Sicht braucht. Wir freuen uns, wenn wir mit unseren Thesen einen Beitrag zur lebendigen und offenen Debatte über unsere Programmatik und Richtung unserer Partei leisten können.
Die sozialdemokratische Gesamterzählung lässt sich unmittelbar aus den vereinbarten globalen nachhaltigen Entwicklungszielen (SDGs) ableiten. Wir wollen umfassende Gerechtigkeit auf nationaler und internationaler Ebene und den Erhalt des Planeten auch für nachfolgende Generationen. Wir wollen dafür Sorge tragen, dass diese Ziele umgesetzt werden.
ZU LENKUNGSGRUPPE „WACHSTUM FÜR ALLE“
Wirtschaft am Bedarf ausrichten – ökologische Grenzen anerkennen
Wertschöpfung, nachhaltiges Wachstum und Wohlstand können künftig nur entstehen, wenn „die“ Wirtschaft am Bedarf ausgerichtet ist. Die ökologischen Herausforderungen, unter anderem in den Bereichen Klima- und Meeresschutz, Kreislaufwirtschaft und Trinkwasser, bilden wichtige Parameter. Daran müssen alle Politikbereiche, auch die internationale Handelspolitik, ausgerichtet werden. Die Grenzen der Biosphäre sind als unverrückbar anzuerkennen.
Das Wirtschaftssystem und sämtliche Instrumente auf Nachhaltigkeit hin ausrichten
Ressourcenverbrauch muss im Steuer- und Abgabensystem unter anderem durch eine CO2– bzw. Ressourcen-Bepreisung berücksichtigt werden. Andere Steuerarten (z.B. Stromsteuer) können aufgehoben und Umlageverfahren (z.B. EEG) zugunsten einer sozialverträglichen Lösung in den Haushalt überführt werden. Sämtliche klimaschädlichen Subventionen können abgeschafft und die dadurch zur Verfügung stehenden Gelder unter anderem in den Auf- und Ausbau eines attraktiven ÖPNV investiert werden. Über Green Bonds (Nachhaltige Bundesschatzbriefe) soll sich auch privates Kapital am Transformationsprozess beteiligen können.
Umwelt und Arbeit stets zusammen denken
Zukunftsträchtige Arbeitsplätze entstehen, wenn wir den Anforderungen von Nachhaltigkeit und Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschonung Rechnung tragen. Solche Arbeitsplätze können beispielsweise in den Bereichen erneuerbare Energien, Speichertechnologie, alternative Antriebstechniken oder Ressourceneffizienz entstehen. Dort, wo sozial-ökologische Politik Transformationsprozesse hervorruft, muss der Staat strukturpolitisch tätig werden und den Menschen langfristige Perspektiven eröffnen. Das gilt insbesondere auch für den Wandel der Arbeitswelt im Zuge der Digitalisierung. Die Chancen auf sozialen wie ökologischen Fortschritt müssen durch eine intelligente Investitionspolitik genutzt werden.
Infrastruktur zukunftssicher machen
Unter Einsparung milliardenschwerer klimaschädlicher Subventionen und mittels steuerlicher Umverteilung werden wir ein milliardenschweres staatliches Investitionsprogramm „Zukunft“ zum Umbau der gesamten Infrastruktur auflegen und damit die große Energie-, Mobilitäts-, Landwirtschafts- und Wärmewende ermöglichen. Hierzu gehört auch die flächendeckende digitale Anbindung des ländlichen Raumes, beispielsweise durch eine Breitbandverkabelung. Die so geschaffene Infrastruktur ist fester Bestandteil der Daseinsvorsorge. Eine moderne Daseinsvorsorge muss durch eine gemeinnützig orientierte Wirtschaft auch die Grundversorgung der Bürgerinnen und Bürger neu aufstellen, z. B. im Bereich der Pflege.
ZU LENKUNGSGRUPPE „NEUES MITEINANDER“
Was kommt nach Hartz IV? – Der Handlungsfähige Sozialstaat!
Unser Sozialstaat ist unter Druck geraten – von denjenigen, die ihn abschaffen wollen und von denjenigen, die nicht die Unterstützung erhalten, die sie erwarten. Die Globalisierung und ein finanzmarktgetriebener Kapitalismus erfordern einen starken und handlungsfähigen Sozialstaat, der Lebensrisiken absichert, einfach und individuell hilft und der solidarisch von allen finanziert wird. Wir sind der Überzeugung: Es ist an der Zeit das Hartz-IV-System zu überwinden und unseren Sozialstaat wieder auf die Höhe der Zeit zu bringen.
Das Leben leichter machen! – Der Sozialstaat als Partner!
Oftmals begegnet der aktuelle Sozialstaat den Menschen als unfreundliches Bürokratiemonster. Wir wollen einen Sozialstaat der in unterschiedlichen Lebenslagen individuell unterstützt und die Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind, auch erreicht. Bürgerinnen und Bürger müssen ihre Rechte und Möglichkeiten kennen und die ihnen zustehenden Leistungen einfach und ohne bürokratischen Aufwand erhalten. Dafür werden wir das Sozialsystem einfach, verständlich und gerecht machen und Anlaufstellen für Leistungen aus einer Hand zum einen für Sozial- und Familienleistungen in Teilhabezentren und zum anderen für Sozialversicherungsleistungen in gemeinsamen Servicestellen schaffen.
Chancengleichheit und Leistungsgerechtigkeit in einem solidarischen Sozialstaat
Um Arbeit dem Leben anzupassen, Risiken im Beruf abzufedern und Veränderungen und Weiter-bildung zu ermöglichen, wollen wir ein individuelles Chancenkonto für alle sowie eine Arbeitsversicherung, die durch das Erwerbsleben begleitet. Nicht nur reiche Erben sollen mit einem Gefühl der Sicherheit und Flexibilität ins Erwerbsleben starten und Mut für Veränderungen haben können. Menschen, die bereits jahrzehntelang gearbeitet haben, wollen wir in unserem Sozialsystem besser absichern, um ihrer Lebensleistung stärker gerecht zu werden.
Mindestmaß an Absicherung für alle
Wir haben mit dem Mindestlohn eine Untergrenze für Bezahlung für Beschäftigte geschaffen. Mit der Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung wollen wir eine Mindestabsicherung für Rentnerinnen und Rentner einführen. Auch die Familien brauchen eine Grundabsicherung für Kinder. Familien mit Kindern werden wir mit einer Kindergrundsicherung besser und solidarischer absichern. Weil uns jedes Kind gleich viel wert ist.
Zusammenhalt in Vielfalt auf der Basis des Grundgesetzes
Deutschland ist ein Einwanderungsland und garantiert im Grundgesetz die gleichberechtigte Teilhabe an unserer Gesellschaft, ganz gleich, wer man ist oder woher man kommt. Wer hier dauerhaft lebt, muss sich einbringen können – etwa durch Wahlen oder zivilgesellschaftliches Engagement. Eine bessere Förderung von MigrantInnenorganisationen und das kommunale Wahlrecht sind hierfür nur der Anfang. Wir müssen alle im Blick haben, auch die Menschen mit Migrationsgeschichte, die schon länger Teil unserer Gesellschaft sind. Dazu gehört ein modernes Staatsbürgerschaftsrecht, das mehrere Staatsbürgerschaften zulässt.
Das Grundgesetz garantiert die Würde des Menschen. Jedweder Form von Diskriminierung stellen wir uns entschieden entgegen. Dazu müssen wir die Antidiskriminierungspolitik weiterentwickeln und dafür sorgen, dass etwa durch ein Verbandsklagerecht und gut ausgestattete Beratungsstellen Einzelpersonen leichter für ihre Rechte streiten können.
Wir brauchen eine gemeinsame Vision, wer wir sind und wer wir sein wollen. Nur so können wir die auftretenden Konflikte selbstbewusst lösen und auf die Vielfalt stolz sein, die unsere Gesellschaft ausmacht.
Arbeit ermöglichen und anerkennen
Arbeit bedeutet nicht nur Lohnerwerb, sondern auch gesellschaftliche Anerkennung. Deshalb ist es wichtig, dass Menschen mit Migrationsgeschichte – egal wie lange sie schon bei uns leben – umfassenden Zugang zur Arbeits- und Ausbildungsförderung haben und es für ihre Zielgruppe passgenaue Angebote gibt.
Als alternde Gesellschaft und starke Volkswirtschaft reicht unser inländisches Arbeitskräftepotenzial auf Dauer nicht aus. Damit mehr qualifizierte Menschen aus dem außereuropäischen Ausland bei uns arbeiten können, brauchen wir schnellstens ein modernes Einwanderungsgesetz, das echte Anreize zum qualifizierten Arbeiten in Deutschland setzt und auch die Familien der Zugewanderten im Blick hat. Es darf nicht sein, dass Geflüchtete von der Werkbank oder aus der Berufsschule abgeschoben werden. Dafür brauchen wir einen sicheren, unkomplizierten Weg für diese erwerbstätigen Menschen in einen sicheren Aufenthalt.
Humane und funktionierende Asylpolitik
Das Recht auf Asyl ist ein Grundrecht, für das wir streiten. Wir brauchen eine realistische und humane Asylpolitik, die in der Praxis funktioniert. Dabei gilt: Wer ernsten Gefahren und Verfolgung ausgesetzt ist, kann dieses Recht für sich beanspruchen. Wer Schutz braucht, erhält diesen auch und kann auf schnelle und faire Verfahren mit unabhängiger Rechtsberatung und eine humane Behandlung zählen. Wer keinen Schutzanspruch hat, muss wieder ausreisen. Wir wollen legale Migrationswege schaffen, funktionierende Rücknahmeabkommen schließen und die Umverteilung in der EU auf der Basis von Freiwilligkeit organisieren. Parallel müssen wir die Not dort lindern, wo sie am größten ist: Durch humanitäre Hilfe für Vertriebene in den Erstaufnahmeländern wie z.B. Jordanien, und ein umfassendes, gemeinschaftlich und dauerhaft finanziertes Seenotrettungsprogramm der EU.
Nachwendezeit aufarbeiten und Demokratie fördern
Es ist an der Zeit gesamtdeutsch anzuerkennen, dass nach der Deutschen Einheit 1990 Ungerechtigkeiten entstanden sind, die in der ersten, zweiten und dritten Generation Ost Narben hinterlassen haben und Biografien bis heute prägen. Das bedeutet für uns: Die zum Teil hochproblematische Arbeit der Treuhand muss aufgearbeitet und gesamtdeutsch thematisiert werden. Bei der Überleitung der Alterssicherung der DDR in die bundesdeutsche Rente entstandene Nachteile, müssen thematisiert und entschädigt werden. Ostdeutsche sollen real und symbolisch Anteil an der Bundesrepublik haben, weswegen wir die mangelnde Präsenz von Ostdeutschen in den Führungsetagen in der Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und in den Medienanstalten überwinden müssen. Gleichberechtigte Teilhabe für alle, bedeutet auch, die Lebensleistung aller hier lebenden Menschen anzuerkennen. Daher setzen wir uns für ein Demokratiefördergesetz ein, das Menschen in Kita, Schule und Zivilgesellschaft mehr Teilhabe ermöglicht und politische Bildung massiv ausbaut, z.B. durch die Verstetigung der Mittel für das Programm „Demokratie leben!
Strukturschwache Regionen gezielt fördern
Einige Regionen Deutschlands, insbesondere Ostdeutschland und ehemalige Bergbauregionen, sind strukturell benachteiligt und drohen von einer allgemein guten Entwicklung der Bundesrepublik abgehängt zu werden. Wir wollen, dass Menschen in jedem Alter und in allen Regionen, in der Stadt und auf dem Land, die gleichen Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe und eine gute persönliche Entwicklung haben. Dafür braucht es einen guten Zugang zu Leistungen der Daseinsvorsorge. Bedarfsgerechte Mobilitätskonzepte, die Ausstattung mit schnellem Internet, eine leistungsfähige medizinische Versorgung und finanziell handlungsfähige Kommunen sind wesentliche Faktoren, um die Situation in strukturschwachen Regionen zu verbessern. Durch die gemeinsame Anstrengung von Bund und Ländern wollen wir für gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland sorgen.
Für eine soziale Boden-, Mieten- und Wohnungspolitik
Unser Ziel sind gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land. Wir brauchen dazu mehr und dauerhafte Investitionen in unsere Städte und Dörfer. Die Sicherung und die Schaffung neuen bezahlbaren Wohnraums sowie eine aktive Stadtentwicklungspolitik erfordern einen deutlich verbesserten rechtlichen Rahmen im Baugesetzbuch und Mietrecht. Wir setzen dabei auf eine Stärkung der Kommunen sowie der gemeinwohlorientierten Unternehmen, vor allem städtische Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften. Dabei streben wir nach dem Wiener Vorbild Bindungen auf Dauer an und wollen der Spekulation mit Grund und Boden Einhalt gebieten.
ZU LENKUNGSGRUPPE „ARBEIT VON MORGEN“
Ein Recht auf Arbeit statt bedingungsloses Grundeinkommen
Arbeit ist der Schlüssel für Teilhabe und die Grundlage unseres Sozialstaats. Wir wollen Arbeit für alle ermöglichen und ein Recht auf Arbeit schaffen. Wer arbeiten möchte, soll ein seiner Lebenslage und seiner Qualifikation entsprechendes Arbeitsangebot erhalten.
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit
Insbesondere Frauen werden bei der Bezahlung ihrer Arbeit diskriminiert. Erste Schritte das zu bekämpfen sind auf den Weg gebracht. Um gleiche Bezahlung für gleichwertige Arbeit zu gewähren, braucht es eine gesetzliche Regelung zur Transparenz der Löhne sowie eine Weiterentwicklung der Aufstiegschancen von Frauen durch eine Ausweitung der Frauenquote.
Mitbestimmung und Tarifautonomie
Demokratie endet nicht an den Werkstoren. Und Tarifpolitik sichert die gerechte Verteilung vom erwirtschafteten Profit. Daher brauchen wir dringend eine Stärkung der tariflichen Sozialpartnerschaft durch mehr allgemeinverbindliche Tarifverträge und mehr Anreize Tarifverträge überhaupt abzuschließen. Das kann durch steuerliche Anreizsysteme erfolgen und durch eine klare gesetzliche Arbeitsschutzpolitik, die Flexibilität nur unter der Maßgabe eines tariflichen Gegenwerts ermöglicht. Damit Gesetze wie Tarifverträge in den Betrieben auch eingehalten werden, muss die betriebliche Mitbestimmung ebenfalls gestärkt werden. Wir werden daher eine umfassende Reform des Betriebsverfassungsgesetzes auf den Weg bringen, die über bisherige Informationsrechte hinausgeht, insbesondere auch mit Blick auf den werkvertraglichen Wildwuchs.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Um eine bessere Vereinbarung von Pflege und Erziehung mit dem Beruf zu gewährleisten, brauchen wir neben guter Betreuungsinfrastruktur für Kinder eine Familienarbeitszeit, die auf dem Model des Elterngeldes (Plus) aufbaut und neben der Kinderbetreuung auch die Pflege von Angehörigen abdeckt.
Eine garantierte und gebührenfreie Ausbildung zum Start ins Erwerbsleben
Der Staat hat dafür zu sorgen, dass alle den gleichen Zugang zu Bildung haben. Jeder Mensch hat das Recht auf einen gebührenfreien Bildungsweg von Krippe und Kindergarten über Schule bis zur Ausbildung und Hochschule. Wir wollen Qualität und Gebührenfreiheit nicht gegeneinanderstellen. Beides sind für uns unabdingbare Voraussetzungen für gesellschaftliche Teilhabe. Niemand darf aus der Schule ins Ungewisse entlassen werden. Die Ausbildung ist die beste Versicherung gegen Armut und sozialen Abstieg. Wir brauchen eine Garantie dafür, dass alle Jugendlichen überall im Land einen qualifizierten Ausbildungs- oder Studienplatz mit Anschlussperspektive auf dauerhafte Beschäftigung erhalten. Das schließt auch Maßnahmen zur Vorbereitung eines Studiums oder einer Ausbildung mit ein. Das organisieren wir gebührenfrei, in hoher Qualität und mit Unterstützung wie BAföG für alle, die das benötigen. Dem BAföG muss in Zukunft in der beruflichen Bildung eine Mindestausbildungsvergütung für alle Auszubildenden gegenüberstehen. Diese Garantie wollen wir europaweit verankern, denn wir finden uns nicht damit ab, dass eine ganze Generation in Europa in die Perspektivlosigkeit entlassen wird.
Statt Brüchen Chancen ermöglichen – ein Leben lang
Was für die Ausbildung gilt, gilt auch für das lebensbegleitende Lernen: Das ist die beste Versicherung gegen Armut und Arbeitslosigkeit. Im Lauf eines Erwerbslebens wird es immer häufiger nötig, sich weiterzubilden, zu spezialisieren oder höher zu qualifizieren. Dafür braucht es geeignete Instrumente, die Geld, Zeit und Beratung für Qualifizierung ermöglichen. Wir müssen BAföG, Aufstiegs-BAföG, Bildungsprämien, bestimmte Instrumente der Arbeitsförderung modern anpassen und sinnvoll miteinander harmonisieren im Sinne einer Absicherung von Qualifizierungszeiten. Dabei wollen wir auch tarifvertragliche Lösungen fördern. Ein persönliches Chancenkonto gewährleistet in Zukunft, dass die Menschen selbstbestimmt über ihre Qualifizierung entscheiden können. Dabei werden wir regeln, dass die entsprechenden Zeiten und Förderansprüche gesetzlich abgesichert werden.
Verbraucherschutz in der Digitalen Welt – guter Datenschutz alleine reicht nicht!
Immer mehr Geschäftsmodelle leiten ihre Angebote aus der Vermessung und Analyse von Verbraucherverhalten ab. Die Erhebung von personenbezogenen Daten ist dafür essenziell. Viele dieser Geschäftsmodelle sind für die VerbraucherInnen grundsätzlich vorteilhaft, bergen jedoch auch große Risiken. Wir müssen Verbraucherrechte noch stärker als Bürgerrechte denken und auch in der Digitalen Welt unseren politischen Gestaltungsanspruch aufrechterhalten. Verbraucherrechte in der Digitalen Welt sind mehr als nur Datenschutz. Wir brauchen eine offensive Debatte darüber, welche Geschäftsmodelle der Digitalen Ökonomie wir mit einer freiheitlichen und solidarischen Gesellschaft für vereinbar halten, welche nicht und welche Schlussfolgerungen wir daraus ziehen. Dafür benötigen wir Instrumente, die es der Politik ermöglichen, auf Entwicklungen in der Digitalen Welt nicht nur zu reagieren, sondern sie im besten Fall vorauszusehen, mitzugestalten und im Falle von Problemen wirksam zu regulieren. Wir müssen technologieoffene Regulierungsempfehlungen entwickeln, die unabhängig vom Medium in Zukunft immer wieder angepasst werden können. Nach der Harmonisierung des Datenschutzrechts durch die DSGVO muss als nächster Schritt eine starke ePrivacy-Verordnung folgen, die die Privatsphäre und Vertraulichkeit in der elektronischen Kommunikation sicherstellt.
ZU LENKUNGSGRUPPE „WIR IN DER WELT“
Krieg verhindern, Frieden sichern
Um langfristig Frieden zu sichern, herzustellen und Krieg sowie kriegerische Auseinandersetzungen international zu verhindern, müssen die Anstrengungen Deutschlands intensiviert werden. Wir müssen einen integrierten Ansatz von Friedenspolitik verfolgen und unter anderem Maßnahmen der Entwicklungs- und Umweltpolitik mit Friedenspolitik zusammen denken. Auch müssen wir alle Bevölkerungsgruppen an Mediationsprozessen beteiligen. Es reicht nicht, nur mit einigen der beteiligten Akteure Friedensabkommen zu verhandeln.
Stabilität durch Abrüstung und Rüstungskontrolle
Stabilität in der Welt erreichen wir nicht ohne Abrüstung und Rüstungskontrolle. Derzeit erleben wir einen Trend zu militärischer Auf- statt Abrüstung. Um diesem entgegenzuwirken und Abrüstung sowie Rüstungskontrolle voranzutreiben, müssen wir auch in und mit der Nato dafür werben. Auch innerhalb der Progressive Alliance müssen wir uns für diese Position stark machen.
Durch gemeinsame europäische Außenpolitik internationale Sicherheit gewährleisten
Wenn die USA ihren Beitrag für die internationale Sicherheit zunehmend verringern und sich aus diesem Bereich zurückziehen, muss Europa den militärischen Bereich stärken. Gleichzeitig darf sich die EU aber nicht aufs Militärische beschränken und muss sich ebenso in Entwicklungspolitik und anderen die internationale Sicherheit betreffenden Bereichen stärker engagieren. Dafür ist eine Verständigung auf eine gemeinsame europäische Außenpolitik auf der Grundlage der Globalen Strategie von Federica Mogherini unerlässlich.
Multilateralismus nicht auf Freihandels- und Sicherheitspolitik beschränken, EU-Entwicklungspolitik stärken
Unsere Antwort auf die internationale Schwächung von multilateralen Verträgen, Institutionen und Bündnissen, muss die Stärkung ebendieser durch den entschiedenen Einsatz Deutschlands und der EU sein. Wir dürfen Multilateralismus dabei nicht auf Freihandel und die Zusammenarbeit in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik beschränken, sondern müssen internationale Organisationen stärken, eine gemeinsame EU-Entwicklungspolitik verfolgen und die Einhaltung von Menschenrechten konsequent fordern. Dabei müssen wir auch Unternehmen in die Pflicht nehmen. Sie dürfen wirtschaftliche Interessen nicht über die Einhaltung von Menschenrechten und Rechtsstaatsprinzipien stellen. Wir schlagen hier gesetzliche Sorgfaltspflichten für Unternehmen und internationale Abkommen vor.
Einsatz für Menschenrechte und Humanität ausbauen
Um unserem eigenen Anspruch der internationalen Durchsetzung von Menschenrechten nachzukommen, müssen wir unser deutsches und unser europäisches Engagement für Menschenrechte weiter ausbauen. Auch müssen wir unseren eigenen Einsatz sowie die Bewertung der Einhaltung grundlegender Menschenrechte sowie die Mittel zur Durchsetzung eigener Ziele z.B. in der Flüchtlingspolitik hinterfragen. Dazu gehört auch eine neue internationale Initiative, die Flüchtlingscamps qualitativ und menschengerecht unterstützt, gerade in den Regionen, die durch Flüchtlinge am meisten betroffen sind. Dazu gehören bauliche Mindeststandards ebenso wie Gesundheits-, Bildungs- und Ausbildungsprogramme.
Hunger und Armut beenden – gute Arbeit weltweit ermöglichen
Wir wollen Menschen überall auf der Welt ein würdiges Leben ohne Hunger und Armut ermöglichen. Dazu ist neben verstärktem Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit eine Neuausrichtung der europäischen Handelspolitik notwendig. Wir setzen uns für faire Handelsabkommen mit verbindlichen und starken Arbeitnehmerrechten ein. Das sichert auch in Deutschland Arbeitsplätze und gute Löhne, denn je höher die sozialen Standards weltweit sind, desto weniger können sich Unternehmen ihre Standorte danach aussuchen, wo sie die Beschäftigten am meisten ausbeuten können.
Europäische Identität und europäische Souveränität als Ziel und Mittel
Bald 75 Jahre wachsender Frieden in Europa und die Europäische Union als Staatengemeinschaft der gemeinsamen Verantwortung bilden ein historisch einmaliges Fundament für eine gute Zukunft in Wohlstand, Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit. Sie können Europa zugleich die Kraft geben, einen eigenen wegweisenden Beitrag zur Lösung der großen globalen Herausforderungen in der globalen Welt von morgen zu leisten. Europa braucht hierzu eine eigene Identität in den Gefühlen und Köpfen seiner Menschen. Eine europäische Identität kommt nicht von alleine, sondern muss persönlich erfahren werden. Ihr muss durch eine gemeinsame Kultur-, Jugend-, Bildungs- und Wissenschaftspolitik der Weg bereitet werden. Hierin liegt eine Schlüsselaufgabe bei der Gestaltung des Europas von morgen. Identität als Ziel und Mittel stärkt Europas Souveränität. Diese wird für eine solidarische Politik nach innen genauso gebraucht wie für eine gemeinsame Politik nach außen.